War Daniel der Obrigkeit untertan?

 

 

 

Daniel war ein alter Mann, als er tat, was ihn zur Legende aller Kindergottesdienste machte. Zum Zeitpunkt, als er der Daniel der Löwengrube wurde, hatte er bereits mehrere Regierungen überlebt. Dabei wer er denen nicht einmal so richtig untertan.

Auf jeden Fall tat er nicht unbedingt, was sie ihm auftrugen. Als er zum Beispiel ablehnte, den Wein des Königs zu trinken, verstieß er gegen alle Erkenntnisse der anerkannten Wissenschaft. Das Sicherste und Gesündeste, was es zu essen gab, war die Diät des Königs. Außer, es wäre vergiftet gewesen!

Daniel deutete als etwa 15Jähriger den luxuriösen Lebenswandel am Hofe des mächtigsten Mannes des Landes nicht kritiklos als Segen Gottes. Gut, er war auserwählt, an den Hof des Königs zu kommen. Doch zu welchem Preis? Nicht einmal seinen Namen durfte er behalten. Wie bei einem Haustier wurde der aus pragmatischen Gründen mal eben ausgetauscht. Mit seiner Entscheidung, keinen Wein zu trinken, folgte Daniel nicht stur einer religiösen Regel. Er tat, was er für gut, richtig und nobel hielt. Er tat das, auch wenn es ihn etwas kosten würde.

Die Geschichte ging gut aus. Doch das konnte Daniel nicht wissen. Wir auch nicht, wenn wir Daniel in seiner Art folgen wollen. Doch wer weiß: Ist das Ergebnis vielleicht gar nicht wichtig? Zumindest waren Gottes Geschenke nicht im vordersten Fokus der Entscheidungen von Daniel. Und das blieb auch so.

Um die 80 war er, als Darius regierte. Da wollte er immer noch das Gute, Richtige und Noble tun. Das war die Grundlage seiner Entscheidung, die in die Löwengrube führte. Was dabei herauskommen würde, überließ er Gott.

Ausschließlich.

(©Tom Laengner, 2022)