Erinnerung des Herzens

So lautet eine Beschreibung von Dankbarkeit, eine von der Art, die man auf Karten und Kalendersprüchen findet. Die Industrie macht es uns leicht, ein Dankeschön zu verschenken, wo es angebracht scheint und der Höflichkeit entspricht. Ist das genug?

Vor etlichen Jahren war ich in einem Gottesdienst, wo nach der Lobpreiszeit alle Anwesenden nach vorne gebeten wurden und eine Praline geschenkt bekamen. Darauf folgte die Predigt zum Thema Dankbarkeit. Sie setzte dabei an, dass ein ‘Dankeschön’ für uns nicht immer selbstverständlich ist; so mancher hatte es vergessen und einfach das Geschenk entgegengenommen. Ich musste mich selber fragen, ob ich mich bedankt hatte oder nicht. Es machte mir deutlich, wie unachtsam wir manchmal an Dingen vorbeigehen, weil Dankbarkeit als Lebensprinzip nicht tief genug verankert ist.

Zudem ist Dankbarkeit eine Herzenshaltung, die auch schwierigen äußeren Umständen etwas entgegenzusetzen hat. Meine Mutter war und ist mir darin ein großartiges Beispiel: durch Krankheit verkrüppelt, mit ständigen Schmerzen und manches Mal auch recht niedergeschlagen, sah sie immer wieder Grund zum Danken. Eines Abends brachten meine Schwester und ich sie zu Bett, als ihr die Tränen übers Gesicht liefen. Auf die Frage, was denn los sei, antwortete sie: „Ich bin ja so dankbar für meine liebevollen Kinder!“

„Wer Dank opfert, ehrt mich und wählt den Weg, auf dem ich ihn Gottes Hilfe schauen lasse“ (Ps 50,23). Tatsächlich fühlt sich Dank, gerade Gott gegenüber, manchmal wie ein Opfer an. Doch schon der Psalmist wusste, dass gerade damit oft die Tür zu Gottes Hilfe geöffnet wird. Das wünsche ich mir: ein durch und durch dankbares Herz, das sich ständig – ungeachtet aller Umstände – an Gottes Gnade, Liebe und Barmherzigkeit erinnert.

(© Ulrike Krallmann, 2023)